Living the dream / finish line
Der große Tag. Heute nachmittag würde ich mich, wenn es gut lief, BCBR-Finisher nennen dürfen. Doch der Tag fing absolut gar nicht gut an. Ich saß jetzt seit mehr als einer Woche jeden Tag im Sattel, schlief wenig und dazu noch im Zelt. Jeder Knochen schmerzte, die Muskeln hart und verkürzt. Außerdem waren meine Lümpfknoten geschwollen, eine Erkältung war wohl im Anmarsch. Kein Wunder, wir fuhren viel im Regen. Berghoch dampfte ich wie eine Lok und bergrunter fröstelte es mich. Das halboffene Knie, die gequetschten Rippen und die überlasteten Hände machten es nicht besser.
Kurz: Ich fühlte mich beschissen. Aber es nützte nichts, ich musste noch einmal raus an den Start. Knapp 53km und 1.600hm standen heute auf der Playlist, bevor es definitiv Beer o’clock hieß..
Der Anfang war wieder recht easy. Erstmal schön „einfahren“ auf Teerstraßen und Waldwegen. Bei den ersten Steigungen konnte ich gut arbeiten und Plätze machen. Und irgendwie waren es ja auch immer dieselben Leute, denen man begegnete.
Dann ging es in der Feature Trail, den man besser Schwarze Piste hätte nennen sollen. Und vor mir hörte ich auch schon ein watch out, here come some nice ones. Gemeint waren große Absätze von Felsblöcken runter. So verdammt steil, dass einem etwas schwindelig wurde. Nachdem ich stolz war, die ersten Obstacles bezwungen zu haben, stellte sich meine Dämpfung erneut hart (lockout) – der Sturz über den Lenker garantiert. Das tat weh und um ein Haar wären die Verfolger noch über mich drübergerollt. Jetzt war ich richtig sauer. Das frisch geklebte Knie war wieder offen und meine Rippenprellung sorgte für das nötige Adrenalin. Aber weiter. Irgendwie.
In der nächsten längeren Steigung hatte ich die meisten wieder. Kurz bevor es in die folgende Abfahrt ging, gönnte ich mir noch einen Schluck Wasser. Vielleicht war es das Grippemittel, vielleicht war ich nach den 8 Renntagen auch einfach nur zu erschöpft. Es war mir einfach nicht möglich, die Flasche zurück in den Halter zu bekommen. Eine Bewegung, die man tausend male geübt hat. Jedenfalls hatte ich nur eine Hand am Lenker, als mich die erste Stufe zu Fall brachte. Das linke Knie und Schienbein nun auch komplett blutig. Ich war kurz davor, alles hinzuschmeißen. Es tat so weh und die anderen zischten mich an „pull your bike!“.
Ich hab mich dann nur noch auf die Anstiege konzentriert, da war ich sicher. Aber es war ein böser Fight. Ich sah aus wie ein Schwein und schnaubte vor mich hin. I-AM-ANG-RY-I-AM-ANG-RY-I-AM-ANG-RY.
Dann wurde es deutlich entspannter, denn wir passierten Squamish’s MOST Famous Bike Trail: Half Nelson. Müsst ihr euch einfach mal hier anschauen.
Zum Schluss gab es noch einiges an Wurzel-Kletterei, aber das war nach so einer Woche kein Problem. Dann noch 2,5km auf Fireroad und Gravel Richtung Ziel. Eine schnelle Abfahrt mit zwei Lutschern hinter mir.
Ich war immer noch sehr zornig und beschloss kurzerhand, sie nicht vorbei zu lassen. NEVER STOP! 🙂 Es folgte der obligatorische Sprint ins Ziel. Arme hochreißen und realisieren – OMG – e-s i-s-t z-u E-n-d-e! Position 121 für heute und 135 gesamt. Wooha…
Wahnsinn und Glückwunsch!!! Freue mich schon auf deine Berichte, wenn du wieder im Lande bist. Genieße die Zeit mit deiner Familie und erhole dich von der Quälerei. Beste Grüße vom Holgi
Wow! Gratulation und tolle Berichte. Bin schon gespannt was du erzählst wenn du wieder da bist. Auf jeden fall auch sehr motivierend sich selber mal wieder in den Wald zu schwingen. 🙂
Viele Grüße aus dem Flachland,
Björn =)